FatigueDie Symptome der Fatigue sind sehr unspezifisch und können auch Anzeichen anderer Erkrankungen sein. Deshalb werden alle anderen in Frage kommenden Krankheiten ausgeschlossen, bevor man die vorliegenden Symptome als Fatigue klassifizieren kann. Da sich die Fatigue-Symptome auf die körperliche und geistige Leistung sowie die Emotionen der Betroffenen auswirken, muss auch die Diagnostik auf allen drei Ebenen erfolgen. Daher werden zunächst durch internistische, neurologische sowie Blutuntersuchungen andere Erkrankungen ausgeschlossen. Außerdem sollte eine Ernährungsanamnese stattfinden, um eventuelle Fehl- oder Mangelernährung aufzudecken. Die aktuelle Medikation sollte erfasst und Symptome einer Depression abgefragt werden. Denn Fatigue kann auf den ersten Blick wie eine Depression aussehen, muss jedoch von dieser abgegrenzt werden.
Klassifikation und Anerkennung
In der internationalen Klassifikation der Krankheiten und Gesundheitsprobleme der Weltgesundheitsorganisation (ICD) ist Fatigue bislang nicht als eigenständiges Syndrom anerkannt.


Eine Gruppe aus den USA um Dr. David Cella hat 1998 für die tumorbedingte Fatigue folgende diagnostische Kriterien vorgeschlagen (nach Yeh et al. 2011, BMC Cancer 11 (1):387):

A 1 Deutliche Müdigkeit, Energieverlust oder verstärktes Ruhebedürfnis, welches in keinem Verhältnis zu aktuellen Veränderungen des Aktivitätsniveaus steht
2 Beschwerden allgemeiner Schwäche oder schwerer Glieder
3 Verminderte Fähigkeit zu Konzentration und Aufmerksamkeit
4 Verringerte Motivation oder verringertes Interesse an Alltagsaktivitäten
5 Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf
6 Schlaf wird nicht als erholsam oder regenerierend erlebt
7 Notwendigkeit starker Anstrengung, um Inaktivität zu überwinden
8 Deutliche emotionale Reaktionen und Fatigue-Problematik (z.B. Traurigkeit, Frustration oder Reizbarkeit)
9 Durch Müdigkeit bedingte Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu erledigen
10 Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis
11 Mehrere Stunden anhaltendes Unwohlsein nach Anstrengung
B Die Symptome verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
C Aus Anamnese, körperlichen Untersuchungen oder Laborbefunden geht eindeutig hervor, dass die Symptome Konsequenzen einer Tumorerkrankung oder ihrer Behandlung sind.
D Die Symptome sind nicht primäre Konsequenzen einer komorbiden psychischen Störung wie Major Depression¹, somatoformer Störung² oder Delir³.



Der hier vorgeschlagenen Kategorisierung folgend ist von Fatigue zu sprechen, wenn…
  • …mindestens sechs der A-Symptome täglich oder fast täglich innerhalb von zwei Wochen im zurückliegenden Monat aufgetreten sind.
  • …mindestens eines der Symptome unter A1 vorhanden ist und zusätzlich die Kriterien unter B und D erfüllt sind.
Bei Erfüllung der Kriterien unter C spricht man von tumorbedingter Fatigue.

¹Major Depression: schwerste Form einer Depression
²somatoforme Störung: allgemeine Schwäche und Schmerzsymptome
³Delir(auch Delirium): akuter Verwirrtheitszustand mit Bewusstseins-, Aufmerksamkeits- & Wahrnehmungsstörungen